C. Bechstein Pianofortefabrik, Berlin. Die Resonanz der Presse über den neuen Bechstein-Siemens-Nernst Flügel (c. 1931)
über den neuen
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C. Bechstein
Pianofortefabrik Aktiengesellschaft
Berlin W 50 Budapester Str. 9a
So lauten die Überschriften der zahllosen spaltenlangen Presse-Berichte über das neue Instrument, das für Klavier, Radio und Sprechmaschine dieselbe elektrische Tonquelle hat.
Lassen Sie sich von der Presse selbst über diesen Neo-Bechsteinflügel berichten und seine Vorzüge schildern.
Düsseldorfer Stadtanzeiger
Die Zusammenarbeit von drei Namen von Weltruf: Nernst-Siemens-Bechstein hat hier ein Instrument von hoher Vollkommenheit geschaffen ...
... Die Neukonstruktion bedeutet einen entschiedenen Fortschritt im Klavierbau, der in den bisher eingeschlagenen Bahnen nicht mehr entwicklungsfähig war, einen dringend nötigen Fortschritt auch in wirtschaftlicher Hinsicht.
Der Name des Erfinders, Geheimrat Prof. Dr. Nernst, der als Nobelpreisträger eine Leuchte der Berliner Universität ist, bürgt ebenso wir der Ruf der Firmen Bechstein und Siemens dafür, daß es sich bei diesem Instrument nicht um irgendeine mechanische Spielerei, sondern um ein Erzeugnis von Wert und Vollkommenheit handelt ...
Auf dem Podium steht ein kleiner Flügel und beginnt plötzlich zu sprechen. Das Zauberklavier vereinigt nämlich gleichzeitig auch Sprechmaschine und Radio; durch geistvolle Konstruktion kann es im Augenblick auf jeden dieser Apparate umgestellt werden ...
Äußerlich sieht man dem Instrument kaum etwas Besonderes an. Es ist ein gewöhnlicher Stutzflügel, der mit einem Lautsprecher in Verbindung steht ...
Man spielt auf diesem Flügel wie auf jedem anderen, nur ohne Kraftanstrengung, und hat ganz andere Möglichkeiten, zu schattieren und den Klang zu verändern ...
Bei diesem Wunderflügel handelt es sich um ein Instrument in der üblichen Kurzflügelform, das auch wie ein gewöhnlichess Klavier zu spielen ist bei dem jedoch an Stelle des (fehlenden) Resonanzbodens elektrische Mikrophone eingebaut sind. Die Saiten werden mit Mikrohämmern angeschlagen, und der Ton wird dann auf elektrischem Wege verstärkt ...
Der verblüffend einfache Mechanismus des Instrumentes gestattet es, während des Spielens sowohl den Spinettcharakter, als auch Harmoniumeffekte und An- und Abschwellungen des Tones zu erzielen ...
There is still greater improvement in the upper registers, which for many years baffled the efforts of piano manufacturers to make them mellow. Speaking of the upper registers of the ordinary piano, Nernst said: "My friend Einstein, who, you know, is very musical, says they sound like porcelain getting smashed."
Ein singenderer Diskant, ein vollerer und weicherer Baß: - Beethoven, dessen Sonate alle Instrumente des Orchesters in sich aufgesogen hat, wäre damit einverstanden ...
Man hört ... einen normalen Bechsteinflügel oder eigentlich ein Instrument, das viel herrlicher klingt ...
Die hohen Töne sind viel runder und voller und von einer glockenartigen Reinheit, die tiefen Töne sind ebenfalls runder und kräftiger ...
Das Merkwürdige dabei ist, daß man auch bei vollem Spiel jede Anschlagnuance verfolgen kann ...
Der Klangcharakter ist in den Mittellagen durchaus dem eines guten Flügels vergleichbar. Die tiefen Töne hingegen sind sehr viel sonorer. Außerordentlich schön klingt das Klavier in den Sopranlagen.
... an instrument which can reproduce tones hitherto impossible on the pianoforte as we know it to-day. There is a hint of organ, spinet, cembalo, and even harp about it.
Die Tonstärke des Klaviers läßt sich unter Anpassung an jeden Raum vom zartesten spinettartigen Piano bis zum starken Ton des Konzertflügels steigern ...
Es gibt elf verschiedene Stärkegrade, auf die man den Flügel einstellen kann. Das bedeutet praktisch, daß sich der Klang jedem Raum anpassen läßt.
Auch zarte Hände werden das gewaltigste Fortissimo erklingen lassen können ... und segnen werden ihn die Nachbarn übender Musikschüler, denn er kann auf jede beliebige Unhörbarkeit herabgedämpft werden.
Eine kapriziöse Eigenart des Radioflügels ist übrigens, daß er sowohl den zarten Ton eines Spinetts, als auch den langgezogenen Klang eines Harmoniums annehmen kann.
Der Spinetton ist voller Charme und auch modulationsfähig und ermöglicht stundenlanges Üben, ohne daß im Nebenzimmer oder im anderen Stockwerk die Hausbewohner gestört werden; das ist enorm wichtig.
Wertvoll sind die Möglichkeiten, Spinett- und Harmoniumregister einzuschalten; durch sie bekommt das Instrument eine Vielseitigkeit, die es besonders für Orchester- und Theaterzwecke geeignet erscheinen läßt.
Es ist ferner von großer Bedeutung, daß die Schwingungsdauer des Tones ungefähr dreimal so lang ist wie beim bisher gebrauchten Instrument. Ein Hebelzug am Flügel gestattet, die Dämpfung wegzunehmen, so daß man langanhaltende reine Saitenschwingungen erhält, die einen dem Charakter des kontinuierlichen Harmoniumtones ähnlichen Ton erzeugen.
Hat man also einen Ton oder einen Akkord auf diesem Wunderklavier angeschlagen, so kann man ihn beliebig an- und abschwellen lassen, genau wie bei einer Geige. Man kann also einen Akkord pianissimo beginnen und ihn dann bis zum Fortissimo eines Konzertflügels verstärken.
Es ist nämlich der jahrhundertealte Traum der Klavierbauer, Pianisten und Komponisten in Erfüllung gegangen: einen einmal angeschlagenen Ton und Akkord in seiner Tonstärke zu beeinflussen. Man kann also einen Ton an- und abschwellen lassen, nicht stufenweise wie bei der Orgel, sondern allmählich wie bei Saiteninstrumenten oder der menschlichen Stimme.
Das rechte Pedal ist unverändert, das linke aber bringt die großartige Neuerung des An- und Abschwellens, eine Vorrichtung, um die sich die Klavierbauer jahrhundertelang vergebens bemüht haben.
In Verbindung mit den neuen Möglichkeiten, die in dem An- und Abschwellen der Töne gegeben sind, können auf diesem Instrument ganz neuartige musikalische Wirkungen erzielt werden. Man sieht also von vornhinein, daß das elektrische Klavier musikalisch-künstlerische Möglichkeiten in sich trägt, nach denen der Klavierbauer immer vergeblich gestrebt hat.
The sounds can be controlled by an ordinary pedal, crescendo or diminuendo effects being produced at will after the note has been struck. Thus one can strike a very pizzicato note and amplify it afterwards by the pedal to the fortissimo of an organ, and make it die down again at will.
Durch ein paar Hebelgriffe läßt sich die Musikerzeugung in Musikempfang umschalten, das Radio oder die Schallplatte treten an die Stelle eigener musikalischer Darbietung. Ja, es läßt sich sogar beides kombinieren, und man kann sich im eigenen Heim zu einem Klavierkonzert von Furtwängler dirigieren lassen oder Richard Tauber auf dem Flügel begleiten, indem man Radioempfang oder Schallplattenmusik und Klavier gleichzeitig einschaltet.
... in dieserKombination mögen noch mancherlei Vorzüge (z. B. in pädagogischer Hinsicht, wenn der Schüler den Klavierpart zum Radiovortrag mitspielt) zutage treten.
... während jetzt die Lautstärke aus Radio und Grammophon ganz genau in Beziehung zur Stärke des Soloklaviers gesetzt werden kann. Im kleinen Raum kammermusikalisch, im großen Saal so laut wie man will.
So ist es also keine Spielerei, wenn der neue elektrische Flügel gleichzeitig einen Radioempfänger und ein Grammophon darstellt. Es war vielmehr zweckmäßige Anpassung an Besonderheiten der technischen Konstruktion, und in dieser Zusammenstellung wird der neue elektrische Flügel wahrscheinlich seinen Siegeszug als das Musikinstrument der Zukunft durch die Welt antreten.
... Combination piano, spinet, harmonium, phonograph and radio receiver, it is no madman's dream, no impractical curiosity, but a precise, scientific instrument, substituting electrical apparatus for the standard piano soundingboard.
... ein Instrument, das die vox humana mit der vox mundana verbindet, ein Instrument, das zugleich Kunstträger und physikalisch, lebendig und "mechanisch" ist ...
Das neue Wunderinstrument soll eine Renaissance der Klaviere einleiten ...
Die Verwendungsmöglichkeiten sind so vielseitig, daß sämtliche Wünsche des Musikgenießenden, mögen sie passiver oder produktiver Art sein, befriedigt werden können ...
Eine neue Ära des Klavierpiels ist damit angebrochen. Das Klavier wird vielleicht wieder zum Lieblingsinstrument der Komponisten werden, nachdem es endlich den Forderungen moderner Klangwirkung angepaßt worden ist.
... daher erscheint es nicht ausgeschlossen, daß der Elektroflügel das neue Hausinstrument werden könnte.
Es ist ja sicher: den physikern im allgemeinen und der Elektrizität im besonderen gehört die Zukunft der Musik; werden neue Instrumente erfunden, die bei aller Ausnutzung der Möglichkeiten moderner Technik die Menschen aktivieren, sie aus der gefährlichen Passivität bloßen Zuhörens reißen, sie zum Ausüben, zum Spielen reizen und anregen, so kann es gar nichts Besseres geben ...
Da der neue Wunderflügel keine lebenden Musiker entbehrlich zu machen braucht, können auch die Musiker diese Erfindung ohne Besorgnis hinnehmen ...
Hoffentlich regt auch dieses neue Kombinationsinstrument dazu an, neben dem Musikhören das Selbstmusizieren wieder mehr zu pflegen: denn "Musikmachen ist besser als Musikhören" ...
Es ist denkbar, daß durch das neue Kombinationsinstrument nicht nur die Pflege der Hausmusik tatkräftig unterstützt werden wird, sondern daß sich auch Kaffeehäuser und Kinos seiner zahlreichen künstlerischen Möglichkeiten bedienen werden.
Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß diese Erfindung eine Revolution der Klavierfabrikation herbeiführen wird, zumal - und das ist heute sogar die Hauptsache - der Anschaffungspreis hinter den Kosten eines Flügels zurückstehen soll ...
... das erste elektrische Klavier von unbestreitbarer praktischer Brauchbarkeit ist da, man kann es nicht ablehnen und nicht so tun, als ob es nicht vorhanden wäre. Es ist kein mechanisches, sondern ein lebendiges Instrument, ein Organ der Musik. Die Musiker müssen sich jetzt um es kümmern, und seine Gesetze, Bindungen, Möglichkeiten erproben ...
Aber keiner, der da gestern zuhörte, wird sich des Eindrucks haben erwehren können, daß im Klavierbau sich ein Ereignis von vielleicht unabsehbarer Bedeutung vollzogen habe.
Das Instrument (das übrigens billiger als der kleinste Flügel ist - RM 2800.-) erregt berechtigtes Aufsehen, nicht nur, weil es vorzüglich konstruiert, sondern weil man sofort einen starken Eindruck von seinem musikalischen Wert bekam. Seit der Erfindung des Hammerklavieres vor zweihundert Jahren ist auf dem Gebiete des Klavierbaues jedenfalls nichts konstruiert worden, was im gleichen Maße geeignet ist, einen Umschwung herbeizuführen und das Ausdrucksgebiet zu erweitern.
Innenansicht
Soweit die Presse!
Doch lassen Sie auch Ihr eigenes Urteil sprechen! Prüfen Sie selbst nach Ihrem eigenen Geschmack!
Gehen Sie und hören Sie den Neo-Bechstein
Auch Sie werden finden: Ein Instrument, das den drei Namen Bechstein-Siemens-Nernst alle Ehre macht.
Die Firma Bechstein ist durch vertragliche Abmachungen mit den Firmen Siemens & Halske A. G. und Telefunken G. m. b. H., sowie mit Herrn Geheimrat Professor Dr. Nernst ausschließlich berechtigt, die von Herrn Prof. Dr. Nernst und seinen Mitarbeitern angemeldeten und erwirkten Schutzrechte zur Herstellung von Elektroklavieren für die ganze Welt zu verwerten.
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Gedruckt bei Otto v. Holten, Berlin O 17
Revised 2005-07-29